In der Zeitung der SalzwasserUnion hatte ich gelesen, dass die drei Eckpunkte des Seekajakfahrens 1. das Reisen, 2. das Naturerlebnis und 3. die sportliche Komponente sind. Das hört sich ja erst einmal prima an! Also meldete ich mich voller Vorfreude beim TKV-eigenen Seekajak-Einsteiger-Kurs an. Silke, Daniel und Gero hatten erstmals Anfang März 2009 alle interessierten TKVler eingeladen, zu einem Theorie-Wochenende ins Bootshaus zu kommen. Von Silke erfuhren wir viele hilfreiche Dinge über die Planung und Vorbereitung einer Tour sowie über Ausrüstung von Boot und Paddler. Es gab zahlreiche Anregungen, um das Paddeln auf dem Meer möglichst sicher zu gestalten. Zeitgleich wurde die Liste mit Ausrüstungsgegenständen, die das Paddlerherz begehrt, immer länger und länger.
Daniel vermittelte uns, wie man mit Hilfe von Karte und Kompass navigiert und wir konnten uns in Peilung und Suche nach Orientierungshilfen selbst versuchen. Gut, dass wir noch nicht auf dem Wasser waren. Da wären wir mitunter nicht am richtigen Ort angekommen. Außerdem sprachen wir über die Befahrungsregeln auf See und wer wem wie auszuweichen hat. Gero informierte uns dann zum Thema Wetter, Wind und Welle. Wie weht der Wind beim Hochdruckgebiet, wann entstehen Gewitter und was teilen mir die Isobaren mit? Wann ist die Welle eine Windwelle und wann Dünung? Sehr spannend, aber in der Kürze der Zeit kaum aufzunehmen. Da ist Selbststudium angesagt. Wir hörten den Seewetterbericht und versuchten fleißig mitzuschreiben. Noch nicht so erfolgreich. Zusätzlich sahen wir uns einige Seezeichen an und lernten, wann die Boje oben spitz oder eckig ist und wo die Gefahrenstelle liegt, wenn gelb oben und schwarz unten ist.
Spätestens nach diesem Wochenende wurde mir klar, dass außer der drei Schlagworte (Reise, Natur und Sport) doch noch einiges mehr dazu gehört, ein tauglicher Seekajakfahrer zu werden. Den Sommer über galt es dann fleißig zu paddeln, zu erreichen. 25 km in 4 Stunden war die Ansage! Am 22./23. Aug. trafen sich dann alle wieder. Erst gab es ein bisschen Theorie zu wichtigen Paddeltechniken und Paddelschlägen, dann ging es aufs Wasser. Wir übten die flache Stütze, schnelles Stoppen, Steuerschläge u.v.m. und hatten Zeit alles ein bisschen auszuprobieren. Auch das Abschleppen eines kranken oder verletzten Paddlers, der nicht mehr alleine zurück kommt, wurde ausprobiert. Eine interessante und wichtige Erfahrung! Außerdem mussten wir beweisen, dass wir nach einer (simulierten) Kenterung in der Lage sind, unter Wasser aus dem Boot auszusteigen oder auch ein paar Momente auf die rettende Bootspitze eines Paddelkollegen zu warten. Dann hieß es, sich gegenseitig beim Wiedereinstieg zu helfen. Diese Aufgabe erfolgreich bestanden zu haben, war Voraussetzung für die Teilnahme an den folgenden Ostsee-Tagen.
Knapp zwei Wochen später war es dann nämlich so weit. Das, worauf wir den ganzen Sommer über hingearbeitet haben! Wir brachen auf Richtung Ostsee, nach Stahlbrode. Dort trafen wir uns auf einem idyllisch gelegenen Campingplatz nahe der Fähre und mit Blick auf die Insel Rügen. Freitag ging es dann richtig los! Um halb neun trafen wir uns mit Kaffee und Frühstück im Bauch zum gemeinsamen Hören des Seewetterberichts im Radio. Wohl dem, der gute Ohren hat! (Ein bisschen mehr als im März bekam ich ja mit, aber es ist schon gut, dass es auch noch andere Möglichkeiten, beispielsweise das Handy gibt, um sich über das aktuelle Wettergeschehen zu informieren.)
Dann ging es aufs Wasser, immer dem Kurshalteboot hinterher Richtung Osten. Die Sonne schien, das Wasser war ruhig - eigentlich wie auf dem Tegeler See. Aber für dieses Erlebnis waren wir ja nicht nach Stahlbrode gekommen. Und wir mussten nicht lange warten, sondern wurden schnell aus unserem Genießer-Dasein gerissen. Wo steht der Schornstein geradezu? Was ist das für ein Turm schräg links? Wann sind wir los gefahren? Wie groß ist die Gruppe? Wo gibt es Anlegestellen für den Notfall? Wo steht das auf der Karte eingezeichnete Leuchtfeuer? Da flogen uns die Fragen unserer "Trainer" nur so um die Ohren, und ich merkte, dass man hier nicht vor sich hin träumen kann, sondern immer aufmerksam sein und sich orientieren muss. Sehr spannend war das, und eine gute Lehrstunde noch dazu! Am Nachmittag ging es dann Richtung Stralsund und es kamen auch die ersten kleinen Wellen. Abends haben wird dann fast alle zusammen im Campingplatz-eigenen Bistro gegessen. Lange wach waren wir größtenteils allerdings nicht. War wohl doch ein anstrengender Tag.
Samstag waren dann noch ein Paar TKV-ler mehr dabei. Jeder bekam einen Partner für den Tag zugeordnet, auf den wir nach dem Body-Prinzip achten sollten. Wir querten gleich zu Anfang gemeinsam das Fahrwasser und hatten dann auf dem Weg zu unserem Ziel auch noch die vielen Tonnen, die wir in unsere erneute Orientierungsarbeit einbauen konnten. "Ziel" bedeutete in unserem Falle aber nicht "Pause"! Wir legten zwar kurz an einem netten, ruhig gelegenen Strand mit tollem Ausblick an, für uns war es jedoch nur eine kurze Gelegenheit zur Vorbereitung für die "nassen" Übungen. Los ging es dann allerding nicht mit einer klassischen Selbstkenterung. Stattdessen hieß es, sich in seinem Boot hinzustellen oder mit dem Po auf Deck zu Bug und Heck zu robben. Sicherlich keine Qualitäten, die man zum Seekajak fahren unbedingt braucht, aber eine sehr spaßige Alternative, um mehr oder weniger schnell im leicht salzigen Ostseewasser zu landen. Genügend Zeit für "seriöse" Übungen hatten wir dann auch noch, bis Gero und Daniel uns nach etwa einer Stunde aus dem Wasser treiben mussten. Bei Sonne saßen wir anschließend bei mitgebrachtem Picknick zusammen am Strand und ließen uns von der Sonne trocknen und wärmen.
Auf dem Rückweg zum Campingplatz zeigte sich die Ostsee dann das erste Mal richtig. Erst kamen die Wellen direkt von vorn und die Boote hüpften förmlich darüber. Es platschte herrlich, und das Wasser spritzte über die Bugspitze bis ins Gesicht. Beim erneuten Queren des Fahrwassers kamen die Wellen dann von der Seite und die Boote wurden von Wellenspitze zu Wellenspitze getragen. Nach dieser Fahrt konnten wir nun guten Gewissens behaupten, auf der Ostsee gewesen zu sein und richtige Wellen erlebt zu haben. Bei der abendlichen Feedback-Runde waren alle erschöpft, aber zufrieden. Es gab sehr viel Lob für Silke, Daniel und Gero. Für die viele Arbeit, die sie sich gemacht haben, die gute Vorbereitung, die vielen Dinge, die sie uns beigebracht haben und überhaupt die Idee im TKV eine Seekajak-Gruppe aufzubauen. Es waren drei absolut gelungene Trainingseinheiten. Wir haben viel gelernt und nun schon einmal einen Eindruck davon bekommen, was es bedeutet, ein Seekajakfahrer zu sein. Und da die Drei wohl auch mit ihren Schülern zufrieden waren, haben sie fürs nächste Jahr gleich noch angekündigt wieder eine Ostsee-Tour (dann in anderer Form) anzubieten.