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Im letzten Jahr nahm ich zum ersten mal an der vom SCBG Grünau organisierten Wildwasserfahrt auf erzgebirgischen Wildflüssen teil.
Am 19. März 2010 war es wieder soweit. Mit meinem Gumotex Wildwasser-Schlauchkajak im Gepäck fuhr ich zum Vereinsgelände nach Grünau und von dort ging es mit dem Vereinsbus nach Warmbad im Erzgebirge, wo wir wieder in der Jugendherberge untergebracht waren.
Im Laufe des Abends trafen dort auch die restlichen der insgesamt ca. 20 Teilnehmer ein. Die meisten kannte ich schon vom letzten Jahr, aber es gab auch ein paar neue Gesichter. Das Altersspektrum der Teilnehmer ist recht beeindruckend und erstreckt sich von Anfang 20 bis fast 70 Jahren. Von den Oldies waren einige auch schon bei den ersten Fahrten Ende der 70er Jahre dabei, die damals überwiegend noch mit Faltbooten gefahren wurden, was man sich angesichts der größtenteils sehr schmalen und verblockten Erzgebirgsbäche kaum vorstellen kann. Entsprechend hoch war damals die Verlustquote bei den Booten. Auch die damaligen Glasfiberboote waren den steinigen Bächen nicht gewachsen und mussten oft nach der Tagesetappe in stundenlanger Arbeit repariert werden.
Am nächsten Morgen vor dem Frühstück wurden die Laptops aufgeklappt, um per Internet die Pegelstände der umliegenden Flüsse abzurufen. Trotz der dicken Schneedecke in den Höhenlagen und des einsetzenden Tauwetters waren die Wasserstände teilweise noch nicht ausreichend, so das wir auf Zuschußwasser der Talsperren angewiesen waren.
Für den ersten Fahrtentag wurde die Flöha ausgewählt. Wolfgang der Organisator der Fahrt hatte dafür Zuschußwasser von 4 Kubik beantragt.
Als wir an der Talsperre in Rauschenbach ankamen sah das schmale Rinnsal noch recht kläglich aus. Einige aus unserer Gruppe konnten den Talsperrenmeister dazu überreden den Hahn doch mal richtig aufzudrehen, so das wir statt der versprochenen 4 Kubik gleich 8 Kubik Zuschußwasser bekamen. Es war ein imposanter Anblick, wie der gewaltige Wasserstrahl aus dem Rohr durch die noch vorhandene Schneedecke brach und eine Flutwelle erzeugte die den Fluss schnell ansteigen ließ. Aufgrund des guten Wasserstandes war der Bach recht schnell und man hatte kaum Zeit sich einzufahren. Ich fuhr in der zweiten Gruppe und war an der Spitze als ich im letzten Moment eine Schnur sah, die in Halshöhe quer über den Bach gespannt war.

Ich konnte sie gerade noch hochreißen unter drunter durch fahren und rief den nach mir kommenden eine Warnung zu. Einer aus unserer Gruppe versuchte die Schnur mit dem Paddel zu zerreißen, wobei er selbiges verlor und kenterte. Boots und Paddelbergung nahmen daraufhin einige Zeit in Anspruch. Es sollte nicht der einzige Zwischenfall an dieser Stelle bleiben. Nach der Tour konnte man bei einem Mitpaddler einen dicken roten Striemen an der Nasenwurzel erkennen dessen Ursache nicht schwer zu erraten war. Der Rest der Etappe verlief etwas ruhiger aber keinesfalls langweilig.
In Neuhausen gab es unter der Straßenbrücke noch eine schöne Rutsche mit kräftigen Wellen am Ausgang, die unsere Cracks zum ausgiebigen Spielen in der Welle nutzten. Kurz vor dem Ausstieg in Olbernhau befuhren wir zum Abschluss noch ein schönes Schrägwehr , in dem der letzte Fahrer aus unserer Gruppe kenterte, da er sich etwas zu lässig über die Wehrkrone kippen ließ und dann quer kam. Da die Rolle nicht klappte und das Boot am Ausstieg vorbei trieb, gestaltete sich das Bergen des Kajaks als aufwändig.
Am Abend in der Jugendherberge schauten wir uns die Videos von der letztjährigen Wildwasserfahrt an. Danach besuchte ich mit ein paar Leuten die Therme in der Nähe um in der Sauna zu entspannen.
Der nächste Tag versprach ein besonderes Highlight. Aufgrund der anhaltenden Regenfälle in der Nacht waren die Wasserstände kräftig gestiegen, so das sich die Möglichkeit bot, auf der Schwarzen Pockau zu fahren, was wohl nur sehr selten möglich ist. Da die oberste Schwarze Pockau schweres Wildwasser im 3. bis 4. Grad aufweist, entschied sich die eine Hälfte der Gruppe für eine Wanderung entlang des Baches. Diese Gruppe würde dann nach der obersten schweren Etappe zu uns stoßen um den einfacheren unteren Abschnitt zu befahren.
Unser Fahrtenleiter Wolfgang hatte mir zwar davon abgeraten mit meinem Schlauchboot den obersten Abschnitt zu befahren, da dort bei vorherigen Fahrten sogar schon PE-Boote schwer beschädigt wurden, aber Neugier und Abenteuerlust obsiegten.
Am Einstieg in Kühnhaide auf über 700 m Höhe lag noch tiefer Schnee, so das wir mit unseren Booten die steile Böschung runterrutschen konnten.
Die ersten Kilometer sind einfaches Wildwasser , wo der Bach sich durch eine wunderschöne, verschneite Winterlandschaft schlängelt und das ganze auch noch bei herrlichen Sonnenschein. Im letzten Kehrwasser vor dem schweren Abschnitt sammeln sich nochmal alle. Ich sehe nur grinsende Gesichter. Alle sind ziemlich aufgeregt. Hoffentlich liegen keine Bäume in den Engstellen. Danach verengt sich das Tal, das Gefälle und die Verblockung nehmen schlagartig zu. Ab jetzt muss ich mich voll konzentrieren. Obwohl ich mir alle Mühe gebe den Fluss zu lesen, gelingt es mir nicht immer den teilweise versteckt unter der Wasseroberfläche liegenden Blöcken auszuweichen. An einer Stelle passiert dann das unvermeidliche. Ich fahre auf einen Felsen auf. Das Boot schlägt blitzschnell um bevor ich stützen kann. Da ich das Schlauchboot nicht gerollt kriege ist aussteigen angesagt. Die Strömung ist so reißend, das ich das Boot nicht halten kann. Ich rette mich ans Ufer und versuche die tief verschneite Böschung hoch zukommen um meinem Boot hinterher zu rennen. Glücklicherweise hat Yves, einer der besten Paddler aus der Gruppe, meinen Bootsverlust bemerkt und versucht jetzt mein treibendes Boot in ein Kehrwasser zu bugsieren, was ihm nach einiger Mühe auch gelingt. Da mein Boot am anderen Ufer liegt, befestigt Yves meinen Wurfsack an der Trageschlaufe des Kajaks und nach einigen vergeblichen Versuchen gelingt es ihm den Wurfsack rüber zu werfen. Mittlerweile ist auch die Wandergruppe an der Stelle eingetroffen und sie helfen mir bei der Bergung meines Kajaks.
Die Landmannschaft überzeugt mich davon, das es besser wäre, den nächsten Abschnitt zu umtragen, da die schwerste Stelle am Nonnenfelsen noch vor mir liegt. Allzu viel Überzeugungsarbeit müssen sie nicht leisten, zumal meine Hände durch das eisige Schmelzwasser mittlerweile so kalt sind, das ich kaum noch Gefühl darin habe. Also ziehe ich mein Kajak auf dem verschneiten Waldweg hinter mir her, bis wir zur Schlüsselstelle kommen an der das Wasser an einer Engstelle zwischen einer Schneewächte und einem Felsen zusammengepresst wird. Wie ich später erfahre, gab es hier auch zwei weitere Schwimmer. Am spektakulärsten war die Befahrung von Hendrik, der die Anfahrt nicht sauber erwischte, die Stufe rückwärts befuhr und im Unterwasser kerzte, das heißt sein Heck wurde unter Wasser gedrückt, wodurch sein Bug senkrecht nach oben schoß.

Nach der Umtragung der schwersten Stelle setzte ich meine Fahrt auf dem immer noch sehr anspruchsvollem Wildwasser fort. Bei diesem Schwierigkeitsgrad macht sich der Nachteil meines offenen Schlauchbootes deutlich bemerkbar. Das Kajak läuft in den Wellen und Walzen bis zum Rand voll und es dauert zu lange, bis das Wasser durch die Lenzöffnungen am Boden wieder abläuft und ein voll gelaufenes Kajak reagiert nur sehr schwer fällig auf Steuerimpulse. Der Bach ist mittlerweile voll mit kleineren und größeren Eisbrocken, die sich durch das Tauwetter gelöst haben. Am Ende des oberen Abschnitts traf ich dann wieder auf den Rest der Truppe. Wir waren alle ziemlich euphorisch und beglückwünschten uns gegenseitig zur gelungenen Befahrung. Ich entschloss mich mit einigen anderen Paddlern, den leichteren unteren Abschnitt nicht zu befahren und stattdessen die zweite Gruppe auf der meist parallel zum Fluss führenden Straße im Auto zu begleiten. So kam ich dann endlich auch mal zum fotografieren.
Am Montag, dem letzten Paddeltag stand der Pöhlbach auf dem Programm, der wie schon im letzten Jahr einen sehr guten Wasserstand aufwies. Diesmal hatten wir frühlingshafte Temperaturen und Sonnenschein. Die Wildwasserschwierigkeiten gingen hier maximal bis zum 2. Grad, trotzdem musste man ständig auf der Hut sein um nicht irgendwo reinzurasseln. Rene, der in unserer Gruppe meist vorweg fuhr, da er von uns einer der erfahreneren Wildwasserpaddler war, passte einen Moment nicht auf und wurde unter einen Baum gezogen, wobei er sein Paddel verlor und kenterte. Ohne Paddel war auch die Rolle schwierig, so das er aussteigen musste. Als nächstes erwischte es dann Erika, die mit etwas zu wenig Schwung ein Wehr mit ausgeprägtem Rücklauf befuhr, das wir zuvor problemlos befahren hatten. Sie kam aus dem Rücklauf nicht heraus und wurde zurückgezogen, konnte sich aber im Boot halten. Wir waren dann gerade noch rechtzeitig mit Wurfsäcken zur Stelle bevor ihre Kräfte nachließen.
Nach der Mündung in die Zschopau ging es dann kurz vor dem Ausstieg noch eine schöne,lange Rutsche runter an deren Ende ausgeprägte Wellen zum Surfen einluden. Ich habe es nach ein paar Fehlversuchen auch mal geschafft mich kurzfristig auf der Welle zu halten. Da besteht allerdings noch einiges an Übungsbedarf. Na ja, nächstes Jahr bin ich sicher wieder dabei.

Fotos und Text Michael v.E.