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2016 bin ich seit langer Zeit mal wieder nach Nepal gereist. Seit meinem ersten Aufenthalt 1990 hat es mich immer wieder hierher gezogen und das sollte nun schon die sechste Reise sein. Bei meinen letzten beiden Reisen, hatte ich neben dem Wandern auch das Wildwasserfahren für mich entdeckt. Nepal gilt nicht umsonst als Eldorado für Wildwasserfahrer weltweit, da man hier noch eine Vielzahl von unregulierten Flüssen findet, auf denen man tage oder gar wochenlang unterwegs sein kann, ohne auf größere Ortschaften, Straßen oder Wehre zu stoßen. Leider fallen auch in Nepal immer mehr Flüsse dem Staudammbau zum Opfer.

Nachdem ich im Jahr 2000 auf eigene Faust den Unterlauf des Kali Gandaki Rivers und im Jahr darauf den Sun Kosi mit einem Wildwasserschlauchkajak befahren hatte, hatte ich mir diesmal den Seti River vorgenommen. Dazu muß man wissen, dass ein Großteil der nepalesischen Flüsse schweres bis sehr schweres Wildwasser ist, das den Experten vorbehalten ist. Der Seti ist im Wildwasserführer mit Wildwasserstufe 2-3 angegeben, was eher meinem Level entsprach.

Bevor es ans Paddeln ging, war ich mit Katharina im Everest-Gebiet wandern. Um dorthin zu gelangen flogen wir von Kathmandu mit einer kleinen Propellermaschine in die Berge nach Lukhla auf 2800 m Höhe, was schon ein Abenteuer an sich war. Lukhla gilt wohl als einer der gefährlichsten Flugplätze weltweit. Die Landebahn ist nur ca. 400m lang und mit einer starken Steigung versehen, damit die kleinen Propellermaschinen rechtzeitig vor der Felswand zum Stehen kommen.

Nach unserer Trekkingtour waren wir noch im Chitwan Nationalpark nahe der indischen Grenze zum Tiere gucken und anschließend in Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, in der es wesentlich entspannter zugeht als in Kathmandu, wo auch die Luftverschmutzung durch Staub und Abgase enorm ist.

Mountainbiken am Annapurna CircuitNachdem Katharinas Urlaub nach 3 Wochen zu Ende war, bin ich nochmal zurück nach Pokhara geflogen, um eine 6-tägige Mountainbiketour nach Muktinath zu unternehmen. Muktinath ist ein beliebter Pilgerort auf 3800 m Höhe und liegt auf dem Annapurna Circuit, einem beliebtem Trek rund um das bis zu 8000m hohe Annapurna-Massiv. Die Straße, oder besser gesagt die Piste, wurde erst vor ein paar Jahren fertiggestellt und startet auf 800 m Höhe. Die sogenannte Straße war, wie nicht anders zu erwarten, teilweise recht steil und in einem sehr schlechten Zustand. Nachdem ich mich fast vier Tage lang die 3000 Höhenmeter hinaufgequält hatte, ging es dann in weniger als der Hälfte der Zeit wieder runter zum Ausgangspunkt.

So, genug der Abschweifungen! Es soll ja schließlich ums Paddeln gehen! Da ich dieses mal kein eigenes Boot mitgebracht hatte, fand ich mit der Fa. Rapidrunner Expeditions in Pokhara einen Veranstalter, der zu dem von mir gewünschten Zeitpunkt eine Tour auf dem Seti River im Angebot hatte.

Wie sich dann am Tag der Abreise herausstellte, gab es neben mir noch zwei weitere Kajakfahrer. Einen Franzosen, der etwas Wildwassererfahrung hatte und einen Amerikaner, der bisher nur auf Zahmwasser gepaddelt war! Dazu kamen noch zwei nepalesische Kajakguides, sowie ein Raft mit internationaler Besatzung, mit dem auch das Essen und die Campingausrüstung transportiert wurde. Nachdem wir zwei Stunden mit dem Bus zum Einsatzort gefahren waren, ging es nach kurzer Einweisung auf den Fluß. Es zeigte sich schnell, das der Amerikaner mit den Bedingungen ziemlich überfordert war, was dazu führte, das er in jeder nennenswerten Stromschnelle kenterte. Zum Glück waren die Kajakguides immer sofort zur Stelle, um ihn und das Boot zu bergen. Er blieb aber trotzdem gut gelaunt und meisterte alle Schwimmeinlagen mit Bravour. An der letzten Stromschnelle erwischte es mich dann zur Abwechslung auch. Die Wellen waren hier schon etwas höher und hatten ziemlich viel Power! Ich kam von der Ideallinie ab und fuhr in eine Walze, aus der ich mich nur mit Mühe befreien konnte. Schon etwas entkräftet erwischte ich noch eine Walze, die mich zum Kentern brachte. Anstatt zu Rollen verlor ich in dem Gebrodel die Nerven und stieg aus. Dem Franzosen und dem Amerikaner erging es natürlich auch nicht besser, wobei letzterer sich beim Schwimmen am Rücken verletzte.

Rafts auf dem Seti RiverCamp am Seti RiverKurz darauf erreichten wir unseren Übernachtungsplatz. Es war ein schöner Strand an einem ruhigen Abschnitt des Flusses und drumherum viel Dschungel. Schnell war von der Crew das Lager hergerichtet und das Abendessen zubereitet. Wir saßen dann Abends noch eine Weile am Feuer, tauschten Reisegeschichten aus und tranken nepalesischen Kukuri Rum. Die Nacht verbrachte ich unter einem Tarp mit Blick auf den Fluß und die Sterne.

Der nächste Tag versprach eine kürzere Paddelstrecke, aber dafür mehr Stromschnellen. Jeremy, der Amerikaner, hatte vor Schmerzen kaum geschlafen und entschied sich daher, auf das Raft umzusteigen. Das war sicherlich eine weise Entscheidung, da die Wildwasserschwierigkeiten langsam zunahmen. Die Kajakguides ermunterten mich immer wieder die Rolle zu üben und zwar nicht nur in den ruhigen Abschnitten, wo sie meistens gelang, sondern auch in den Stromschnellen. Wildwasser auf dem Seti RiverZur Mittagszeit kamen wir an die letzte Stromschnelle des Flusses, die außerdem die schwierigste Stelle sein sollte. Einer der Guides fuhr voraus und hielt das Paddel senkrecht in die Höhe, um die Ideallinie anzuzeigen und dann ging es abwärts! Die Höhe und Wucht der Wellen überraschte mich. Das kannte ich von anderen Flüssen bisher nicht. Die Gischt von der Eingangswelle raubte mir kurz die Sicht, ich wurde heftig hin und hergeschoben, kam quer und ehe ich mich versah, war ich wieder auf Tauchfahrt! Obwohl die Stromschnelle noch lange nicht zu Ende war, behielt ich diesmal die Nerven und setzte zur Rolle an, die dann auch auf Anhieb gelang! Mit neuem Selbstvertrauen meisterte ich dann auch den Rest der Stromschnelle ohne Probleme.

Kurz darauf erreichten wir den Zusammenfluß mit dem Trisuli River und damit auch den Endpunkt unserer Tour. Hier befanden wir uns auch wieder an einer stark befahrenen Straße, so dass es nicht lange dauerte bis wir einen Bus anhalten konnten, der nach Kathmandu fuhr. Leider hatte es der Fahrer sehr eilig und fuhr auf der sehr schlechten Straße in einem halsbrecherischen Tempo! Als wir durch ein besonders großes Schlagloch fuhren, das mich unsanft in die Höhe katapultierte, hörte ich ein lautes Meckern! Wie sich herausstellte, saß die ganze Zeit unbemerkt eine Ziege unter der hinteren Sitzbank, der es wohl langsam auch zu holperig wurde!

Fazit: Busfahren ist in Nepal wesentlich gefährlicher als Wildwasserfahren!