Erstes Ziel unseres diesjährigen Sommerurlaubs ist der kleine Ort Nab in der Nähe von Faaborg auf der Insel Fyn. Von dort wollen wir in elf Tagen die Dänische Südsee mit ihrer vielfältigen Inselwelt erkunden. Unsere Überlegungen, gleich nach der Ankunft eine kleine Runde mit den Kajaks zu drehen, werden von einem sehr schnell aufziehenden Gewitter mit Sturm und Platzregen durchkreuzt. Mit mulmigem Gefühl sitze ich im Zelt und bekomme schon zu Beginn der Reise einen gesunden Respekt vor der Heftigkeit des wechselhaften Wetters an der See. Das ist doch etwas anderes, als bei Sonnenschein über den Tegeler See zu schippern.
Am nächsten Tag weht es mit Windstärken 4 bis 5 aus südlicher Richtung. Der Sand am kleinen Strand des Campingplatzes fliegt trotz 5 Meter Höhenunterschied gegen unser Zelt und die Bäume neigen sich bedrohlich im Wind. Wir gehen daher auf Nummer sicher und verschieben unseren Tourenstart um einen Tag, um bei einer kleinen Runde in den leeren Booten ein Gefühl für Wind und Wellen zu bekommen. Da wir sicher in den Booten sitzen und keiner kentert, starten wir am nächsten Tag, auch wenn der Wind am Tag darauf sich nur unwesentlich abgeschwächt hat. Voll bepackt mit Ausrüstung und Verpflegung für knapp zwei Wochen liegen unsere Seekajaks aber sicher im Wasser und paddeln wir los Richtung Bjørnø. Schon nach kurzer Zeit merken wir, dass unsere geplante erste Etappe gegen den Wind zu ehrgeizig geplant war. Wir verzichten daher auf den Abstecher nach Lyø und queren das kurze Stück nach Avernakø. Im kleinen Hafen machen wir eine kurze Verschnaufpause und erkunden dort den „primitiven Zeltplatz“. Darunter verstehen die Dänen Rasenflächen, die zum Teil kostenlos oder gegen geringes Entgelt für eine Übernachtung im Zelt genutzt werden können. Dafür gibt es aber häufig keine richtigen Sanitäranlagen und manchmal auch kein Süßwasser. Da uns die Örtlichkeit nicht sehr zusagt, entscheiden wir uns, im Windschatten der Insel an der Küste entlang ca. 4 km zur zweiten öffentlichen Zeltgelegenheit auf der Insel weiter zu paddeln. Diese Entscheidung war goldrichtig. Nah am Wasser und doch abgeschieden haben wir die von Bäumen geschützte Zeltwiese mit Blick auf weidende Kühe und die dänische Südsee ganz für uns allein.
Gestärkt durch ein leckeres Pfannkuchenfrühstück geht es dann weiter nach Drejø. Wir umrunden die Insel einmal südlich, lassen den neuen Yachthafen links liegen und fahren stattdessen zum alten „Gammelhaven“. Dort werden wir im Regen von einer dänischen Kajakgruppe begrüßt und finden noch einen Platz auf der kleinen Zeltwiese neben dem Hafen. Kurz vor dem Start am nächsten Tag beunruhigt uns die andere Kajakgruppe, die aufgrund des angesagten Windes von 4 -5 Beaufort zwei Mitfahrer mit der Fähre zu ihrem Tagesziel vorfahren lässt und die leeren Boote im Schlepptau mitnimmt. Etwas beunruhigt machen wir uns daher zu unserem ersten Zwischenziel auf – dem Hafen auf der Insel Hjortø. Da wir uns nach der nur ca. 8 km langen Strecke nach einer kurzen Teepause noch ausreichend kräftig fühlen, beschließen wir das Tagesziel Birkholm in Angriff zu nehmen. Da die nur gut 4 km lange Querung zur Nordspitze von Birkholm trotz Windes aus südlicher Richtung ganz gut klappt, werden wir übermütig und beschließen, die Insel nördlich zu umrunden, um zum Hafen zu gelangen. Leider stellen wir schon nach kurzer Zeit fest, dass die Insel so flach ist, dass uns die Nordseite nicht allzu viel Windschutz bietet. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Wind noch etwas westlich dreht und zunimmt, so dass wir die letzten Kilometer fast frontal gegen Windstärke 5 anpaddeln. Gefühlt Stunden später und völlig geschafft erreichen wir den Hafen und werden dort sehr nett vom Hafenmeister begrüßt und eingewiesen. Der Zeltplatz liegt ideal für Kajakfahrer ein paar Meter direkt hinter dem Strand, ist dadurch aber leider auch voll dem Wind ausgesetzt. Unser Zelt wird ganz schön durchgeschüttelt, hält aber Stand.
Mit Spannung erwarten wir, was uns das Wetter für den nächsten Tag bringt. Heute müssen wir uns entscheiden, ob wir unser eigentliches Ziel – die Insel Ærø – anpeilen. Da der Wind etwas abgenommen hat, wagen wir die gut 9 km lange Querung. Wegen des bis 15.07. nicht zu befahrenden Vogelschutzgebietes rund um die Insel Egholm fahren wir in einem großen Bogen Kurs Richtung Halmø. Unterwegs bewundern wir von weitem hunderte auf dem Wasser rastende Schwäne und andere Wasservögel und erreichen endlich Ærø. Nach einer kurzen Pause in Ommel fahren wir in nördlicher Richtung um die Landzunge Ommelshoved herum und nehmen Kurs auf Ærøskøbing. Von dort kann man die Boote mehrere hundert Meter über einen schmalen Weg bis zum Campingplatz tragen. Wir entschließen uns aber dafür, die gut 3 km lange schmale Landzunge noch zu umfahren und damit den Trageweg auf ca. 200 Meter zu verkürzen. Sobald das Zelt steht, geht es zu einer kleinen Sightseeing-Tour durch Ærøskøbing, mit seinen schmalen Gassen und alten Fachwerkhäusern. Nach einem Pausentag, den wir mit der Erkundung des abenteuerlichen Ærøer Wanderweges verbracht haben, nutzen wir den Westwind, um mit Rückenwind zur Insel Strynø weiterzufahren. Dank des schönen Wetters können wir schon von weitem die Strynøer Mühle sehen und darauf zufahren. Nach kurzer Besichtigung umrunden wir Strynø südlich und übernachten auf einer Wiese des Smakkecenters (Segelclub).
Am nächsten Morgen brechen wir für die Fahrt durch den Siø Sund früh auf, da hier die Strömung alle sechs Stunden die Richtung wechselt. Es ist zwar noch schönster Sonnenschein, aber in der Ferne zieht eine dunkle Regenfront auf. Keine zwei Kilometer später hat uns dank des kräftigen Windes das Unwetter eingeholt und bei starkem Regen frischt der Wind auf 4-5 Beaufort mit einigen heftigen Böen auf. Dagegen kommen wir mit den Kajaks nicht mehr an. Eine Verständigung mit Mario, der keine Bootslänge schräg vor mir fährt, ist kaum noch möglich. Wir brechen die Querung daher ab und paddeln Richtung Strynø zurück, als das Wetter schlagartig aufklart und der Wind abnimmt. Dadurch ermutigt, setzen wir die Querung fort und fahren unter der Autobrücke durch den Siø Sund bis zu einem kleinen Hafen, wo wir erst einmal frühstücken und uns erholen. Die nächste Etappe führt uns bei Seitenwind durch die Lunkebugten direkt zu Valdemars Schloss, wo wir am Strand mit den Kajaks anlanden können. Nach einer Besichtigung der Schlossanlagen fahren wir das letzte, etwas windgeschützte Stück bis zum Campingplatz in Vindeby. Dieser liegt genau gegenüber der Stadt Svendborg, zu der wir uns am nächsten Morgen zunächst zu einer Stadtbesichtigung aufmachen. Nachmittags umrunden wir noch die Insel Thurø, was bei auffrischendem und drehendem Wind bei 3 – 4 Beaufort zur Belastungsprobe wird. Gut, dass wir am nächsten Tag nur das kurze Stück durch den Svendborg Sund zur Insel Skarø mit Dänemarks berühmten Eis vor uns haben. Der Zeltplatz liegt ein kurzes Stück vom Hafen entfernt, doch es gibt vor Ort Bootswagen zum Ausleihen. Am nächsten Tag geht es dann schon wieder zurück nach Nab. Beschleunigt durch die dunklen Wolken und das leichte Donnern hinter uns, legen wir die letzten 17 km recht schnell zurück. Trotz oder gerade wegen des recht launischen Wetters bot die dänische Südsee, was Seekajakfahrers Herz begehrt und wird uns sicher nicht zum letzten Mal gesehen haben.